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Wenn nicht alle mitspielen – Digitalisierung konkret
Ich nenne ihn mal Heinz. Schon immer Scherenbediener in der Blechverarbeitung, zumindest nach seiner Metzgertätigkeit. Mitte 50, immer auf Krawall gebürstet. Für jeden einen Spruch auf den Lippen, der „ sein “ Restblechlager in Unordnung brachte. Und das war tägliches Ritual.
Chaos im Restblechlager. Man will niemandem unterstellen, dass die Bleche extra „ falsch “ einsortiert wurden, aber ordentlich war es selten, und Heinz wurde so auf „ Betriebstemperatur “ gehalten - kurz über dem Siedepunkt.
Wer kennt nicht auch diese ständigen Nörgler, von denen man sich gerne fernhält und die als potenzielle Hürden im Digitalisierungsprojekt überwunden werden müssen. Unangenehm, rechthaberisch, konfliktträchtig, einfach ätzend.
Tatsächlich scheitern hier und dort Digitalisierungsprojekte genau an dieser Stelle. Projektverantwortliche haben entweder Angst vor solchen Mitarbeitern ( doch, ist so! ) oder sie grätschen dermaßen unsportlich den Mitarbeiter nieder, dass die Akzeptanz des Projektes nicht nur in der Produktion auf Werkstattboden-Niveau sinkt.
Bei Heinz kam es anders. Der Fertigungsleiter hatte den Impuls und fragte Heinz, ob er sich vorstellen könne, seine Ideen von einem geordneten Restblechlager als Verantwortlicher für diesen Bereich zu übernehmen. Dazu einige Mitarbeiter, die ihm zuarbeiten, bzw. in seinem Sinne das Lager mitbetreuen. Es ging schließlich um mehrere tausend Bleche!
Nach kurzer Bedenkzeit stimmte Heinz zu und wechselte als Verantwortlicher in das Restblechlager. Aber nur unter der Bedingung, dass er nichts mit dem Computer zu tun habe und alles Digitale von ihm ferngehalten werde. Dem stimmt nun wiederum der Fertigungsleiter zu und kümmerte sich darum, dass das Erstellen der digitalen Blechlisten pro Maschine und das Verbuchen von aus- oder eingeräumten Blechen von einem anderen Mitarbeiter oder vom Fertigungsleiter selbst durchgeführt wurde.
Es lief alles wie geschmiert. Nicht nur, dass Ordnung im Lager einkehrte, nein, auch die Stimmung änderte sich, und bei Heinz und seinen Kollegen waren deutlich Züge von Freundlichkeit und Humor erkennbar. Auf der anderen Seite hatten die Mitarbeiter Respekt vor der sehr guten Arbeit von Heinz und unterstützten ihn, wo es nur möglich war.
Nach ca. 6 Wochen fragte dann Heinz, ob er nicht doch die Computerbedienung lernen könne, das mache für ihn mehr Sinn und würde seine Arbeit deutlich effizienter gestalten. Kein Problem. Er wurde in die Software eingewiesen ( er konnte es eigentlich schon vom Zuschauen ) und war nach kurzer Unterstützung im digitalen Zeitalter angekommen.
Warum ich das erzähle?
Ich habe bislang kaum eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter in Digitalisierungs-Projekten kennengelernt, die oder der nicht bei der Digitalisierung mitspielen wollte. Es bedarf halt manchmal etwas Zeit, Empathie, respektvollen Umgang miteinander und ein paar unkonventionelle Ideen. Und Mut der Projektverantwortlichen.
Heinz ist mir da zu einem extremen, aber sehr beeindruckenden Beispiel geworden.









